„Schlimm. Schlimm, schlimm.“, sagt meine Oma.
„Was denn nun schon wieder?“, fragt Opa.
„In der Nacht zum Montag wurde nun auch die letzte ukrainische
Kaserne von russischen Einsatzkräften besetzt.“, sagt Peter
Klöppel.
„Schlimm. Schlimm, schlimm.“, sagt Auslandskorrespondentin
Antonia Rados, die sich für ihren Kommentar dekorativ vor einem
angemessen militärisch wirkenden Panzerdenkmal aufgebaut hat.
„Der Putin, der schützt doch auch nur die Sicherheitsinteressen
seines Landes.“, sagt Gysi.
„So wie Deutschland in Jugoslawien.“, sagt Gysi.
„Und in Afghanistan.“, sagt Gysi.
„Und im Libanon.“, sagt Gysi.
„Das ist ein lupenreiner Demokrat!“, sagt Gerhard Schröder.
„Der hat wenigstens niemanden in Guantanamo eingesperrt und auch
keine jemenitische Hochzeit um das Erlebnis eines persönlichen
Drohnenangriffs bereichert.“, sagt das Internet.
„In Moskau sind Schwule Freiwild.“, sagt das Internet.
„Putin hat den schwarzen Gürtel im Judo.“, sagt das Internet.
„Obama braucht keinen Gürtel, der ist schon schwarz.“, sagen
Menschen, denen im Internet echt gar nichts zu blöd ist.
„Die da oben machen doch eh, was sie wollen.“, sagt jeder.
„Ah, was für eine Aussicht! Gut, dass wir auf dem geschundenen
Rücken des kleinen Mannes emporgeklettert sind! Kommt, Kameraden,
lasst uns unsere langen Schnurrbärte Zwirbeln und dabei sinister
lachen!“, sagen die da oben.
„Wenn's regnet werde ich als letzter nass.“, sagt der kleine
Mann.
„Kannst du mir bitte mal das Salz reichen? Danke.“, sage ich,
weil ich diese Diskussion nicht mal mit der längsten Kneifzange der
Welt anpacken würde.
„Der Maidan!“, ruft Papa.
„Was, Maidan?“, fragt Opa.
„500.000 Menschen können doch nicht stellvertretend für einen
Staat von 45 Millionen stehen!“, sagt der Skeptizismus.
„Warum nicht, hat doch bei uns auch geklappt?“, kontert
Leipzig.
„Leipzig ist Hypezig! Leipzig ist Hypezig! Die
Mieten sind so billig, da heiz' ich einfach das ganze Jahr
lang durch!“, sagt jeder, der heimlich Angst hat, Nachts in Neukölln auf
die Straße zu gehen.
„Zurück zum Thema!“, verlangt die Stringenz.
„Außerdem sind das alles vom Westen finanzierte Faschisten, die
als abhängige, nicht minder autokratisch durchgreifende
Quasi-Kolonialregierung die Interessen der NATO und der international
agierenden Wirtschaftskonsortien durchsetzen sollen.“, sagt der
Politikstudent im zweiten Semester.
„Freiheit!“, ruft das Herz der Menschen.
„Freiheit!“, ruft Kiew.
„Freiheit!“, ruft die Krim und alle meinen Sie eigentlich nur
eine neue Abhängigkeit.
„Wir müssen eine gemeinsame Lösung finden.“, sagt Angela.
„Äääääh...“, sage ich, weil ich seit dem Tag, an dem mein
Mathelehrer behauptete, dass Unendlich minus Unendlich minus
Unendlich sei, solange das eine Unendlich größer als das andere
wäre, einfach aufgehört habe, Dinge verstehen zu wollen. Manchmal
ist keine Meinung haben zu wollen sehr, sehr anstrengend.
„Und was ist eigentlich mit Syrien?“, fragt Mama.
„Was, Syrien?“, fragt Opa.
„Gut, wir haben hier 140.000 Tote und zweieinhalb Millionen
Flüchtlinge seit 2011 . Aber bis die da in der Ukraine ihr
Halbinselchen verschachert haben, können wir ja mal in Ruhe eine
Zigarette rauchen.“, sagt absolut niemand in Damaskus.
„Warum fragt eigentlich niemand uns, ob wir die Unabhängigkeit
wollen?“, fragen die Basken.
„Warum fragt eigentlich niemand uns, ob wir die Unabhängigkeit
wollen?“, fragen die Katalanen.
„Warum fragt eigentlich niemand uns, ob wir die Unabhängigkeit
wollen?“, fragen die Bayern.
„Von 240 Jahren ihrer Staatlichkeit gehörte die Krim 171 Jahre
zu Russland. Nur einer Vodkalaune des einstigen KP-Chefs Nikita
Chruschtschow ist es zu verdanken, dass sie 1954 in das, damals
ebenfalls russisch dominierte, Hoheitsgebiet der Ukraine wechselte.“,
sagt das Handelsblatt.
„Mann war ich besoffen.“, sagt Nikita Chrischtschow.
„I'm a smooth Krim-inal.“, singt Vladimir und packt sich lässig an
den Schritt.
„Aber schon vor den Russen haben die Mongolen die Krim
erobert!“, sagen die Klugscheißer.
„Und vor den Mongolen haben die Griechen dort gesiedelt!“,
sagen die Klugscheißer, weil die nie wissen, wann Schluss ist.
„Die Griechen? Es wird kein weiteres Rettungspaket geben!“,
ruft Wolfgang Schäuble aus einem Reflex heraus.
„Wir wollen bitte Russisch werden.“, sagen die Bewohner der
Krim.
„Was hat die Verteidigung demokratischer Werte mit dem zu tun,
was ihr wollt?“, sagt der Westen.
„Wir sind hier nicht bei wünsch dir was, sondern bei so
isses!“, sagen die Demokraten.
„Wir geben euch keine Kredite mehr!“, ruft die Europäische
Union.
„Wir drehen euch den Gashahn zu.“, antwortet Russland.
„Gut wir geben euch wieder Kredite. Aber dafür werden wir euch
bei Passkontrollen künftig sehr streng mustern!“, stänkern die
Europäer.
„Der Feminismus ist schuld.“, sagt die AFD.
„Die Feminismusin ist schuld.“, verbessert der Weltfrauentag.
„Wetten, dass sich schon nächste Woche wieder mehr Menschen
über mich aufregen, als über die völkerrechtswidrige Annektion
eines ganzen Landstrichs?“, sagt Markus Lanz.
„Pff, die Wette kannst du behalten. Was gibt’s bei der Quote denn schon zu gewinnen?“, sagt Uli Hoeneß.
„Freiheit?“, murmeln die Menschen.
„Freiheit?“, flüstern die Herzen.
„Was sagst du dazu?“, fragen die Eltern.
„Was sagst du dazu?“, fragt das Internet.
„Was sagen sie dazu? Das interessiert mich“, fragt der Postbote.
Doch ich, ich sage nichts. Denn ich habe das Gefühl, dass es
davon auch nicht besser wird.
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