Ding-Dong! … Ding-Dong!
Jaja, komme ja schon. Sie
wünschen?
Ich wünsche, sie zu hypnotisieren!
Wie meinen?
Verzeihen Sie meinen Ungestüm! Ich
bin Reisehypnotiseur. Ich wandere von Tür zu Tür und biete den
Menschen hübsche Wahnvorstellungen an. Ich könnte Ihnen
beispielsweise hier und jetzt eingeben, sie seien ein zufriedener
Buntspecht, ganz hoch oben da auf dem höchsten Aste des Waldes. Wär'
das nicht was für sie?
Och, nö. Mein Bruder hatte als Kind
einen Specht, der mir immer ganz furchtbare Kopfschmerzen verschafft
hat.
Na, ich kann auch Zwergkaninchen und
Kamele, wobei sich mir nie so recht erschlossen hat, was ein Kamel da
hoch oben auf dem höchsten Aste des Waldes so zu suchen hat. Aber
einem jeden sein eigener Wahn, wie schon meine Großmutter zu sagen
pflegte.
Und warum machen sie das?
Möchten sie die pragmatische oder
die poetische Antwort darauf?
Öhm... bitte die poetische.
Ich bin wie eine dieser Figuren aus
einer Novelle des 19. Jahrhunderts. In einigen Jahrzehnten wird ein
streberhafter Abiturient namens Klaus Lürkenscheid mich in einer
Textanalyse wie folgt umschreiben: „Er kam wie ein Wirbelsturm über
diesen dürstenden Ort; mächtig, unerklärlich, alles erfassend und
doch auf geheimnisvolle Weise neu ordnend! Er war wie der
Sonnenaufgang, oder wie der Sturm, ein natürliches Ereignis, das zu
hinterfragen sich dem Menschen schlicht nicht schickte.“
So,so. Könnte ich zum Vergleich doch
noch mal die pragmatische Antwort hören?
Umschulung. Früher war ich
Reisestabhochspringer. Ich ging von Tür zu Tür und fragte die
Menschen, ob es ihnen helfen würde, wenn ich bei ihnen ein wenig
Stabhochspränge. Naja, meine Sachbearbeiterin hatte mich damals
schon gewarnt, aber ich war jung und stur. Also was ist nun? Das ist
ihre Gelegenheit! Sind sie einsam? Arm? Todkrank? Sag, was es sein soll und wenigstens in ihrem Kopf, kann es ihnen gehören!
… Ich möchte …
Ja? JA?!
Ich möchte, das mich die Dummheit der
Menschen geil macht.
Ähm …
Nein, nein! Lassen sie es mich
erklären. Also, die Welt steckt voller Idioten, Blödmänner,
Flachpfeifen, voll wandelnder Brotaufstriche, bei denen man sich nur
fragt, ob sie das Verfallsdatum jetzt schon überschritten oder
vorher auch schon so gestunken haben. Und dann reden die auch noch
Zeug! So Zeug!
„Mit diesem Animalprintregenschirm
werde ich hundert pro die Shopping-Queen von Wuppertal.“
„Ich brauche diese Flatrate und dann
noch eine, weil ich ein nervbackiger Vollschorsch bin und nur noch
telefoniere, weil sich niemand mehr von Angesicht zu Angesicht mit
mir unterhalten will!“
„Ein Geisterfahrer? Hunderte!“
Das kennen sie doch auch. Aber es gibt ja kein
Entkommen! Die Idiotie ist überall und es scheint mir leichter, mich
selbst verändern zu wollen, als das System. Da dachte ich eben, wenn
Sie nun dieses Pochen hinter meiner Stirn in ein, nun sagen wir mal,
Lustgefühl verwandeln könnten...
Ja ja, das habe ich verstanden. Ihre
Beispiele waren ja schließlich sehr treffend gewählt und auch ihre
illustrierten Schautafeln und die kleinen Wimpel haben mir gut gefallen.
Offenbar haben Sie sich ja schon einen Weile damit
auseinandergesetzt, jedoch …
Jedoch?
... jedoch versuchte ich ihnen zu sagen,
dass Sie nicht der erste Kunde sind, der mit diesem speziellen
Problem an mich herantritt. Herr Spreiekleu aus dem dritten Stock
äußerte erst letzte Woche den selben Wunsch und ich tat mein Bestes. Doch
scheint es so zu sein, dass mancher Thor in seinen Mitmenschen
lediglich sein eigenes Spiegelbild erblickt. Der wahre Idiot erkennt
sich eben selbst zuletzt, mein Herr. Spreiekleu jedenfalls konnte schon
kurz nach meiner Behandlung nicht mehr von sich selber lassen, da er
sich nun ständig aufs Neue an sich selber erregte. Jetzt steckt er
Fest in einer Art autoerotischen Abnutzungsschleife...
Bitte?
Er kann im Dunkeln lesen, weil sein
Piephahn rötlich glüht.
Aha. Was meinen Sie, woran kann man
erkennen, ob man selbst ein Idiot ist?
Einen sicheren Idiotentest kenne ich
leider auch nicht, aber nach meiner Erfahrung würde ich eigentlich
immer davon ausgehen.
Verstehe, verstehe... Könnten sie dann
vielleicht morgen noch einmal wiederkommen? Ich fürchte, ich
benötige erst einige neue Schautafeln.
Nein tut mir leid, das hier ist ein
einmaliges Angebot.
Tja, dann wünsche ich ihnen noch einen
schönen Tag und danke für das Gespräch.
Gern geschehen!
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