Sonntag, 24. August 2014

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Über meinen 30. Geburtstag


Prolog
Nächsten Monat werde ich 30. Ich will hier nicht so tun, als wäre dies schlimm oder in irgendeiner Form und Art etwas besonderes. Jeden Tag schaffen es abertausende Menschen erfolgreich, 30 zu werden. Es ist also zumindest schon mal keine besondere Schwierigkeit damit verbunden und wenn man es bei Tageslicht betrachtet, sind diejenigen unter uns, die 30 werden doch besser dran, als jene, denen dies nicht gelingt. Nichtsdestotrotz muss ich gestehen, dass der Anblick dieser zwei Ziffern etwas mit mir macht. Eine 3 und eine 0. Eine 3 und eine 0, wie ein für jeden sichtbares Ortsausgangsschild am Straßenrand meiner Jugend.
Im letzten Jahr habe ich gleich mehrere Texte geschrieben, die sich auf die eine oder andere Art mit dem Altern befassen, darunter sogar einen, in dem ich mich über Studenten und ihre Kleidung lustig mache! Wahrscheinlich werde ich irgendwann mal ein richtig guter alter Mann sein. Nicht so einer von der Sorte, die auf Spielplätzen Bonbons und Lebensweisheiten verschenkt, die bedürftigen Teenagern Karate auf ihrem Hinterhof beibringt, sondern einer, der stumm urteilt. Ich glaube, dafür bin ich gemacht. Aber noch ist es ja nicht so weit, noch lange nicht. Das Gute am Altern ist ja, man hat plötzlich etwas zu sagen. Man hat etwas erlebt und stellt auf einmal fest, hey, der Kerl hier im Raum mit der Ahnung, das bin ja ich! Ein seltsames Gefühl. Aber auch eines, an das ich mich wohl werde gewöhnen können. Der Folgende Text bündelt darum auch ein wenig von dem, was ich in 30 Jahren gelernt habe. Und ich verspreche, es soll für lange Zeit der Letzte dieser Art sein.

30 Erkenntnisse und eine Frage
  1. Khakis sind orange. Orangen aber nicht Khaki.

  2. Talent bringt dich an den Start, Leidenschaft bringt dich über deine eigenen Grenzen. Mach dich nicht von dem abhängig, was Du zu können oder nicht zu können glaubst.

  3. Das Supernintendo ist die beste Konsole aller Zeiten. Wer heute noch ein funktionstüchtiges Supernintendo sein eigen nennt, darf sich mit Fug und Recht als rundum überlegener Mensch von edlem Verstand und erlesenem Geschmack bezeichnen.

  4. Vermeide sinnlose Nostalgie. Die Vergangenheit war Mist. Du hattest kein Geld, keinen Sex, keinen Anstand und keine Ahnung. Heute weißt Du, dass man sich schon zu den Glücklichen zählen darf, wenn man zwei dieser Dinge vorweisen kann. Manchmal kommt es dir so vor, als sei die Vergangenheit tatsächlich besser gewesen, doch nicht, weil Du in ihr weniger Probleme gehabt hättest, sondern weil Du im Rückblick erkennst, dass Du trotz allem in der Lage warst, deine Schwierigkeiten zu überwinden.

  5. Es gibt also Hoffnung.

  6. Die wahren Freunde erkennst Du daran, dass es nichts zwischen euch ändert, wenn Du dich monatelang nicht meldest. Wenn Du einen solchen Freund gefunden hast, melde dich öfter als alle paar Monate.

  7. Wasabi ist kein Brotaufstrich.

  8. Denken hilft. Außer beim Wände Streichen. Wände streichen funktioniert sogar deutlich besser, während man in Gedanken die komplette Besatzung der original Enterprise in umgekehrter hierarchischer Reihenfolge aufsagt.

  9. Raumschiff Enterprise ist die beste Serie aller Zeiten. Wer einen Satz spitzer Ohren aus vulkanisiertem Gummi besitzt, darf sich mit Fug und Recht als rundum überlegener Mensch von edlem Verstand und erlesenem Geschmack bezeichnen.

  10. Bewege dich. Nicht auf dem Laufband, nicht im Tanzverein ( Es sei denn, Laufbänder und Tanzvereine sind voll dein Ding. In dem Fall, immer ran da.), sondern geh mal vor die Tür. Geh zu Fuß zur Arbeit, lies die Schilder in den Fenstern, wedele mit den Armen und hebe das interessante Zeug vom Boden auf. Wie willst Du wissen, ob es nicht doch eine Schatzkarte gewesen ist?

  11. Falls Du mit dem Gedanken spielen solltest, dir ein total individuelles Tattoo stechen zu lassen, lass es. Warte lieber noch fünf Jahre. Bis dahin sind die Untätowierten endlich in der Minderheit und Du kannst dich in Bewerbungsgesprächen hart diskriminiert fühlen, wenn man dich fragt, warum Du die Unverfrorenheit besitzt, hier ohne Schwalbe im Schritt oder wenigstens einem kleinen Unendlich-Zeichen im Nacken aufzutauchen.

  12. Es wird Tage geben, an denen Du dir überaus durchschnittlich vorkommst, was in gewisser Hinsicht viel schlimmer ist, als sich gleich richtig scheiße zu fühlen. Um ganz unten zu landen, muss man gar nicht groß was machen. Hingegen trotz aufrichtiger Anstrengungen festzustellen, dass Du heute mal wieder nur so mittel warst, ist absolut überdurchschnittlicher Mist. An solchen Tagen, erinnere dich daran, wenigstens bist Du nicht der Typ, der für Stiftung Warentest die Brechmittel prüft.

  13. Nimm dir Zeit, es ist ja nicht so, als ob Du sie dir für später aufheben könntest.

  14. Schreib keine Texte über deine Lebenserfahrung, bevor Du mindestens 60 bist. Du läufst Gefahr, vollkommen unglaubwürdig zu wirken.

  15. Mitklatschen ist der Tod jeder Kunst.

  16. Feinde sind zu teuer im Unterhalt. Sie sind wie Untermieter in deinem Unterbewusstsein, die immer im Verzug sind. Schmeiß Sie raus und richte dir ein Nähzimmer ein.

  17. Hör nicht auf das, was ich dir sage. Du könntest schließlich Koch oder Informatikerin oder Kung-Fu-Cowboy-Elefant sein, was weiß ich schon von deinem Leben?

  18. Wenn Du dich mal ausgesperrt haben solltest, versuche nicht, das Schloss mit einer aufgebogenen Büroklammer zu öffnen.

  19. Wenn der Schlüsseldienst fragt, woher denn die 12 Büroklammern in deinem Schlüsselloch stammen, erfinde bloß keine Geschichte über deinen heldenhaften Kampf gegen einen rachsüchtigen Bürobedarfsvertreter.

  20. Lerne kochen. Und sei es nur, um dem Mädchen, dass Du mit deinen Kochkünsten hattest beeindrucken wollen, nicht erklären zu müssen, warum Du Wasabi-Stullen für eine prima Idee hieltest.

  21. Deine Eltern sind Menschen mit Fehlern. Ob Du zu einem Ihrer Fehler wirst, liegt nicht zuletzt an dir.

  22. Wie mies, klein, unbedeutend Du dich auch immer fühlen magst, vergiss nie, Du bist der Protagonist in irgendjemandes erotischen Phantasien.

  23. Wenn Du nichts zu sagen hast, schweige.

  24. Wenn ein Gespräch nur den Zweck verfolgt, einander die Existenz zu bestätigen, schweige.

  25. Wenn ein Gespräch nur den Zweck verfolgt, dich klein zu machen, reiß das Maul auf und spucke Töne, groß und Feucht wie eine Herde Blauwale.

  26. Hör auf zu rauchen. Was raucht ist oft schon ausgebrannt.

  27. Die einzige Freiheit, die dir wirklich bleibt, ist die sorgsame Wahl deiner Pflichten.

  28. Egal, was Du tust. Sag nie zu deinem Barkeeper: „Überrasch mich!“.

  29. Wenn Du mal nicht weißt, was Du verschenken sollst, schenke Trost. Wir alle haben ihn nötig.

  30. Liebe.
1. Was kommt als nächstes?

1 Kommentar:

  1. Hallo,
    ein wirklich super Text, ich habe mich beim Lesen bestens amüsiert! :) Und ich bin überaus glücklich, mich mit "Fug und Recht als rundum überlegene[n] Mensch[en] von edlem Verstand und erlesenem Geschmack [zu] bezeichnen" - die Ninendo lächelt mich gerade liebevoll an.
    Zu 11tens, den Tattoos, habe ich mir auch schon des öfteren Gedanken gemacht. Nur habe ich die Befürchtung, dass wir irgendwann gejagt werden, damit man uns unsere reine Haut abzieht und als hübsche Lampendeko verwendet. Für diesen Fall habe ich mich bemüht, mit Pfeil und Bogen umgehen zu können - diese fallen zum Glück nicht unter's Waffengesetz.
    Aber was auch als nächstes kommen mag, lassen wir uns einfach überraschen ;)
    Liebe Grüße,
    Äna

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