Montag, 7. April 2014

Widgets

Über die Liebe in Zeiten der großen Koalition


Ein Sonnentag
ein Standesamt
welch Griesgram mag
sich's Wonnen da samt
Hochgefühl verkneifen?


Rundum rauscht Freude
im Blätterwald der Republik
Verkneift man sich heute
Nur heute! Mal jede Kritik
Denn so oder so geht’s stets nur um die Wahl
Und darum, mit wem man so endet
Und um der Partnerschaft heiligen Gral
Wer wem wann wie viel spendet.


Das Vertragswerk wird es schon richten
Da steht's ja, exakt festgehalten
in der Manier von Liebesgedichten
in kleinkarierten Spalten
Alle Träume, Wünsche, auch Versprechen
Sind minutiös aufgezählt
Nur, was ist's, wenn kein Verbrechen?
Wenn trotz allem die Liebe fehlt?


Ein blauer Himmel, eine Braut
Mit bebendem, wogendem Busen
Die gerad noch einmal Spiegel schaut
Zu richten die anderthalb Flusen,
die andere Leute „Frisur“ zu rufen
sich wohlweislich verkneifen
Da nützt es auch nichts, den Mopp schnell zu stufen
Da helfen auch keinerlei Schleifen
„Muss und wird schon funktionieren.“
Denkt sich die Braut pragmatisch
„Es geht nicht um Liebe, nur ums Regieren!“
Ruft sie und hüstelt phlegmatisch


Der Vögel bestes Gezwitscher und ein Bräutigam
Mit bebendem, wogendem Busen
Unheilschwanger walzt und glibscht er auf dem Gang
Und sehnt sich nach zärtlichem Schmusen
Nach Küssen, nach Wärme
Nach Hochzeitsnacht-Schocksüße-Haut
Es blubbern ihm drohlich alle Gedärme
Denn abgehauen ist die Braut!
Zum Klofenster raus, die Rinne hinab
Es blieb nur ein Fetzen vom Rock
Und 'ne Notiz, sehr kurz und recht knapp:
„Sorry Keule, null Bock!“
„Auch kalte Füße tragen weit
sollt's Kleingeld für'n Taxi nicht reichen.“
Flüstert er und hält's an der Zeit
Sein Schicksal der Menge zu beichten


Das Aufgebot macht große Augen
Er glättet sich schwitzend's Jacket
Versucht, sich drei Worte zu saugen
Ach, wenn er doch Hilfe nur hätt!
Die Hilfe kommt, oh Donnerlittchen,
in Gestalt einer weinenden Frau
Und gemeinsam mit dem flennenden Flittchen
stürmt Ihr Klang durch den würdigen Bau
so wie das Gegenteil von Singen
Ein Nebelhorn würde erblassen
Die Fensterscheiben wollen zerspringen
Und erstarren wollen die Massen


Stille, ein Treppenhaus, ein Bräutigam und eine Braut
Blicken sich schweigend an
Als hätten die beiden nie einen andren geschaut
Und dann, ja dann...


„Siggi, alte Sozensocke!
Was bitte machst DU denn hier?“
„Angie, olle Partypocke!
Dit selbe frage ick dir!?“
„Mein Gemahl hat die Flucht ergriffen.
Wahrscheinlich gestern schon.
Duckte sich klein und hat sich verpfiffen
und macht jetzt auf Opposition.“
„Kenn ich, geht mir schwerst auf die Nüsse
auch meine Liebste ist weg
bei sich mein Herz und den Mietwagenschlüssel
und dagelassen hatse nur Dreck.“


Im Lazarett der Liebe
Begegnen sich zwei Veteranen
verweisen einander auf Narben und Hiebe
und denken „Na, sie einer an...“
„Du, Angie.“, ein schüchternes Flüstern
„Ja, Siggi?“, ein wohlplatziertes Lächeln
„Was hältst Du davon...“, ein Atmen aus Nüstern
„Wovon?“ ein charmantes sich-Luft-zufächeln
„Na, wir haben uns schon rausgeputzt...
Und auch das Aufgebot steht...
Und da dacht' ich, so ungenutzt...
Und weil der Beamte gleich geht...
Und der Fotograf ist bestellt...
sollen wir's nicht mal probieren?
Ich mein, denk nur, das viele Geld...
Und überhaupt, hier geht es doch nur ums Regieren!

Ein Blick, kein Zögern und 'ne Braut
Die ihren Bräutigam gefunden
Jubel brandet mordsmäßig laut
Das Gelöbnis zu bekunden
Und hat der Beamte womöglich Bedenken
So äußert er sie irgendwann anders
Das Paar behängt man mit Gold und Geschenken
Und fragt sich derweil: „Ja, kann das...
… soll das? Vielleicht sogar muss?
Ist das denn nun wirklich das Wahre?“
Und kommt zu schlussendlich zu dem Schluss:
"Das da hält keine vier Jahre.“

0 comments:

Kommentar veröffentlichen

ÜBER auf Facebook

Pop! Pop! Populär!

Video of the Day

Flickr Images

Popular Posts